1.3 Haushalt der EU

Zur Durchführung dieser Politiken benötigt die EU Mittel, die sie über einen komplizierten und konfliktreichen Haushaltsprozess zugewiesen bekommt (Kapitel 4.3). In allen drei Themen zeigt sich das Spannungsverhältnis zwischen dem Reformbedarf einerseits und der Wahrung von Besitzständen andererseits. Änderungen sind nur mit großen Mehrheiten bzw. einstimmig möglich. Ein Konsens kann meist nur in einem „Kuhhandel“ erreicht werden. Der Streit ums Geld ist immer präsent.

… kurz zusammengefasst  ∑

Die EU hat nicht das Recht, ihre Einnahmen selbst zu bestimmen. Vielmehr erhält sie Beiträge der Mitgliedsstaaten zugewiesen. Daraus muss sie ihre Pflichtaufgaben finanzieren – eine Verschuldung ist – bisher noch – verboten.

Die Mitgliedsstaaten haben sich zur gegenseitigen Solidarität verpflichtet und u.a. den Ausgleich regionaler Unterschiede zu ihrer Aufgabe gemacht. Wenn es um die Finanzen geht, dominiert jedoch die „Netto-Zahler-Position“ die Debatte: Wie viel muss ein Land einzahlen und wie viel bekommt es wieder zurück?

Insgesamt ist das Budget der EU mit ca. 1% des gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP) winzig klein, wenn auch die Umverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten z.T. 4% des BIP des Empfängerlandes pro Jahr erreichen konnte. Mit der Aufnahme von acht neuen „armen“ Mitgliedern (2004/2007) wurde eine Umschichtung bisheriger Zahlungen erzwungen.

Wegen der politischen und militärischen Veränderungen (Krieg im Nahen Osten, Flüchtlinge, Migration, Verschiebung der Lasten für die NATO auf europäische Staaten durch US-Präsident Trump) muss die EU künftig mehr Mittel für gemeinsame Aufgaben einsetzen. Wie diese aufgebracht werden sollen ist politisch hart umkämpft:

  • die „reichen“ Länder zahlen mehr
  • die „armen“ Länder erhalten weniger Subventionen als bisher
  • die Landwirte können nicht mehr einen so großen Teil des europäischen Budgets beanspruchen
  • die EU erhält das Recht sich am Kapitalmarkt Kredite zu besorgen und so von der Zahlungsbereitschaft der Mitgliedsstaaten unabhängig zu machen.

Jeder Vorschlag wird von den einzelnen Mitgliedsstaaten danach beurteilt, ob sich dabei ihre eigene finanzielle Position verbessern dürfte.

Neues Material

  • Vorschlag zu einer grundlegenden Neuordnung der EU-Finanzen, ausgearbeitet von einer hochrangig besetzten Expertengruppe unter Leitung von Mario Monti (2016/17). Dort werden verschiedene Quellen für eigene Einnahmen der EU zur Diskussion gestellt (div. Reports auf der Web-site). Zum Thema auch: Núñez Ferrer, J. 2016. The Multiannual Financial Framework post-2020: Balancing political ambition and realism. CEPS Policy Paper, (2) (link).
  • Der Betrug bei der Verwendung von Geldern aus dem EU-Haushalt muss durch die nationalen Regierungen unterbunden werden – sie tragen die Verantwortung für die korrekte Verwendung der EU-Mittel, die für Projekte in ihrem Land zur Verfügung gestellt wurden. Zusätzlich bekämpft eine nachgeordneten Dienststelle der Kommission, OLAF, den Betrug. Das Britische Parlament hat in seinem Bericht 2013 erhebliche Kritik an der Überwachung durch OLAF geäußert (European Union Committee – Twelfth Report, The Fight Against Fraud on the EU’s Finances).
  • Welche Finanzströme fließen zwischen den Mitgliedsstaaten durch den EU-Haushalt? Damit beschäftigt ich ein gut lesbarer Bericht, der auch auf die politisch aufgeladene Thematik der „Netto-Zahler“ eingeht: Busch, B. 2016. Finanzielle Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – Eine Bestandsaufnahme. IW Report, (21) (link)
  • Wissenschafter warnten die deutsche Regierung vor einer Ausweitung der finanziellen Kompetenzen der EU, wenn diese nicht vom Wähler legitimiert würde. Außerdem verweisen sie auf die möglichen Fehlanreize: Finanzen, Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der. 2016. Reform der EU-Finanzierung: Subsidiarität und Transparenz stärken (link).