1. Institutionen und Macht in der EU

Überblick

Die Europäische Union ist ein einzigartiges Gebilde, in dem – ehemals verfeindete – Nationalstaaten Gemeinsamkeiten entwickeln und den Ausgleich ihrer Interessen verhandeln. Nichts an dieser Union ist statisch, vielmehr wandelt und vergrößert sie sich ständig. In diesem dynamischen Prozess haben sich einige Grundsätze herausgebildet, an die sich alle Mitglieder halten sollten. Mittlerweile sind einige Institutionen installiert und haben immer weiter an Einfluss gewonnen, in denen die unterschiedlichen Akteure auf der europäischen Bühne ihre Rolle spielen. Im Kern geht es dabei um die Balance der Macht zwischen nationaler und europäischer Ebene – eine Macht, die bis zum Erlass von Gesetzen geht, die in die Nationalstaaten hineinwirken. Die zahlreichen Interessenskonflikte der unterschiedlichen Mitglieder und Gruppierungen werden nach expliziten oder impliziten Regeln ausgetragen. Die EU unterliegt nicht den vom Nationalstaat bekannten demokratischen Regeln der Machtkontrolle – ob sie deshalb undemokratisch genannt werden muss, ist umstritten.

Aktuelle Fragen (Material)

Muss sich die EU zu einer „immer engeren Union“ entwickeln, oder kann es auch Gegenbewegungen dazugeben?

  • Eppler, A. and H. Schelle, Eds. (2013). Europäische Desintegration in Zeiten der Krise – Zur Konzeptionalisierung europäischer Desintegration: Zug- und Gegenkräfte im europäischen Integrationsprozess. Schriftenreihe des Arbeitskreises Europäische Integration e.V.
  • Adler-Nissen, R. (2014). Opting Out of the European Union – Diplomacy, Sovereignty and European Integration. Cambridge
  • Spolaore, E. (2013), What Is European Integration Really About? A Political Guide for Economists, Journal of Economic Perspectives 27 (3): 125-144.

Was tut die EU, um dem Vorwurf der „Regulierungswut“ zu begegnen?

Kann die EU Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schützen?

… kurz zusammengefasst ∑

  • Die EU entstand nicht nach einem Bauplan, sondern in einem historischen Einigungsprozess
  • Sie hat ihre Zuständigkeiten nicht vorrangig dort, wo es wirtschaftlich sinnvoll wäre, sondern dort, wo Gemeinsamkeit erreichbar war
  • Die Abgabe von Souveränität ist unbeliebt, so dass Gemeinsamkeit auch als Verlust verstanden wird; als Maßstab für die Verteilung von Zuständigkeiten wird die „Subsidiarität“ herangezogen
  • Die EU ist heute wirtschaftlich weitgehend integriert, politisch jedoch nur bruchstückhaft
  • Die EU ist nicht demokratisch nach dem „Bauplan der Demokratie“ eines Nationalstaats, hat aber eine Machtbalance in ihren Institutionen und Verfahren; das EU-Parlament hat kontinuierlich an Einfluss gewonnen
  • Erheblicher Konfliktstoff liegt im Zusammenspiel großer und kleiner Mitgliedsstaaten sowie in der unterschiedlichen Auffassung über die erwünschte Entwicklungsrichtung der Gemeinschaft
  • Nationale Politik spielt gerne „über Bande“: Die Regierungsvertreter der Nationalstaaten fassen gemeinsam Beschlüsse und beklagen sich dann bei ihren Wählern über „die in Brüssel“.
  • Eine Demokratie auf europäischer Ebene hätte ein europäisches (Wahl-) Volk zur Voraussetzung; die Identität der Bürger ist aber überwiegend national definiert.

Weiteres Material

  • Vertrag über die Europäische Union [EU-V] und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEU-V] (Konsolidierte Fassungen), 2012/C 326/01 (Link)
  • Borchardt, K.-D. (2010), Das ABC des Rechts der Europäischen Union, Luxemburg (download)
  • Der Lissabonner Vertrag in Zeiten der Krise; Dossier der SWP (Link)
  • Was ist der Nutzen Europas, welchen Mehrwert können die Mitglieder daraus ziehen?