In der Wahrnehmung vieler Bürger kommen unsinnige und überflüssige Regulierungen „aus Brüssel“ – der Ruf der europäischen Integration leidet darunter. Allerdings wird die Schuld der EU auch zu Unrecht zugewiesen, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Die Gurken und das Ölkännchen
Ein aktuelles Beispiel ist der Versuch der Kommission, die Kännchen für Oliven-Öl von den Tischen der Restaurants zu verbannen. Angeblich würde der gutgläubige Verbraucher durch das Nachfüllen von minderwertigem Öl übervorteilt. Die Initiative dazu soll von den Produzentenländern (Griechenland, Spanien, Portugal) ausgegangen sein, die sich einen steigenden Absatz kleiner und teurerer Orginalverpackungen versprachen. Nachdem sich die Kommission damit in den Augen der öffentlichen Meinung lächerlich zu machen drohte, zog sie den Vorschlag zurück (EU retreats from olive oil ban after wave of ridicule, EUObserver, 23.05.13 @ 17:42). Das hinderte die Lobby in Spanien nicht daran, für ein nationales Gesetz zu sorgen, das künftig Einweg-Kännchen vorschreibt („Wirtschaft: Spanien verbietet Ölkännchen, Olivenöl gibt es nur noch in Einwegflaschen – auf Druck der Industrie“, Tagesspiegel, 4.1.2014)
Dies reiht sich ein in frühere Beispiele, mit denen auf vermeintlich über-regulierende Bürokraten eingeschlagen wurde, wie zwei Beispiele zeigen:
- Der Krümmungsradius der Gurke wurde definiert, um der Gemüseindustrie eine Standardisierung bei Verpackungen möglich zu machen (The strange curvature of the cucumber, The German Times, January 2007 Business, Do regulation-obsessed ureaucrats rule the EU? – By Susanne Geiger; Süddeutsche Zeitung, Krümmungsverordnung aus Brüssel – Gerechtigkeit für die Gurke)
- Vorgaben zur Gestalt von Bananen dienten der Klassifizierung, die dem Obst-Handel das Leben leichter machen sollte – sie kamen nach ausführlicher Beratung mit den betroffenen Unternehmen zustande und wurden von diesen gewünscht.
Sind Kerzen die neuen Gurken?
Als neues Beispiel für Regulierungswut der Kommission wurde im Dezember 2015 der Richtlinienentwurf für die Vergrößerung der Sicherheit beim Gebrauch von Kerzen in den Medien vorgestellt. EU_Kerzen_regulierung_Dez15
Allerdings ist auch hier nicht auszuschließen, dass es die Industrie selbst ist, die diese Regulierung wünscht, um sich vor Konkurrenz zu schützen (Die Welt, 5.12.2015, „Warum die EU jetzt auch deutsche Kerzen reguliert“).
Weitere Gerüchte über geplante Regulierungen sind ebenfalls falsch:
- Die EU will NICHT den Bayern den Bierkrug verbieten
- Die EU hat NICHT vor Buntstifte zu verbieten
Weitere Quellen zu Vorurteilen über die EU
- Eine Hit-Liste „Europäischer Mythen“ hat die BBC (2007) zusammengestellt
- Die Europäische Kommission wehrt sich mit einer langen Aufzählung und Richtigstellung falscher Anschuldigungen (Myths and Rumours debunked) sowie „Euromyths A-Z index„
- Die Zeitschrift CICERO hat sich mit falschen Vorurteilen beschäftigt („Die zehn größten Irrtümer über die EU„, Von Christian F. Trippe, 4. Juli 2011)
- Die Wirtschaftskammer Wien hat Mythen zur EU zusammengestellt.
- „EU-Mythen – Faktenchecks zu den gängigsten Mythen über die Europäische Union“ von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland zusammengestellt (Mai 2019)