Spekulation mit Immobilien vom Staat ermutigt

Ursachen von Immobilien-Blasen

Banken geben Kredite für den Kauf von Immobilien und die Immobilie dient als Pfand zur Absicherung des Kredits. Der Käufer zahlt in der Regel einen feststehenden monatlichen Betrag an die Bank, der sich aus Zins und Tilgung zusammensetzt (Hypothek; Annuität). Sollte der Kreditnehmer den Kredit nicht mehr vertragsgemäß bedienen können, so kann die Bank die Immobilie verkaufen und daraus den noch ausstehenden Kreditbetrag zurückgewinnen. Probleme treten dann auf, wenn die Immobilie in der Zwischenzeit an Wert verloren hat und die Bank auch nach dem Verkauf auf einem Teil des ausstehenden Kredits sitzen bleibt: Sie muss diesen Betrag abschreiben, was ihr Eigenkapital mindert. Ist dieser Vorgang häufig oder betrifft er ein großes Kreditvolumen, dann können die erforderlichen Abschreibungen das Eigenkapital der Bank aufzehren und damit die Bank in den Bankrott treiben. Wenn viele Banken gleichzeitig dieses Problem haben, bricht das Finanzsystem zusammen.

Ein massenhafter Verlust durch nicht mehr bediente Immobilienkredite tritt nach dem Platzen einer Immobilienblase auf – daher ist es wichtig, deren Entstehen frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden.

In einigen Ländern, z.B. Irland, Spanien, Niederlande, stiegen die Immobilienpreise stark an, so dass sich eine „Blase“ entwickelte. Dies  kann auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden – die vom Staat gesetzten Rahmenbedingungen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Auch wenn eine frühzeitige Begrenzung einer spekulativen Immobilienblase geleistet werden soll, ist die Regulierung des Finanzsektors wichtig:

  • In den Niederlanden konnten die Hypothekenzinsen von der Einkommenssteuer abgesetzt werden. Dies führte dazu, dass viele Haushalte nur Zinsen zahlten und auf die Tilgung „verzichteten“ – auch in der Erwartung, dass das Haus bei einem späteren Verkauf deutlich an Wert gewonnen haben wird und die Tilgung dann leicht fällt. Mit dem Rückgang der Immobilienpreise geht dieses Modell nicht mehr auf und Haushalte können möglicherweise die Schulden nicht mehr tragen – mit den entsprechenden Folgen für das Finanzsystem.
  • In Dänemark wurden Hypothekenkrediten mit zehn tilgungsfreien Jahren vergeben. Nach dieser Zeit können Haushalte, die bereits mit der Zinszahlung bis an den Rand ihrer Kapazität gegangen sind, den Kredit nicht mehr bedienen (Handelsblatt 23.4.13, „Dänische Hausbesitzer haben Angst. Der Internationale Währungsfonds IWF fordert das Ende der tilgungsfreien Kredite.  Das Risiko von Privatinsolvenzen steigt. 56 Prozent der Dänen finanzieren ihr Haus tilgungsfrei.“; ähnlich: „Danish mortgages- Something rotten“; Denmark’s property market is built on rickety foundations, ECONOMIST Apr 19th 2014)
  • Die Deutsche Bundesbank formuliert in ihrer zurückhaltenden Art: „Beispielsweise kann die steuerliche Behandlung von Hypothekenzinsen Anreize für Immobilieninvestitionen setzen, die ihrerseits zu Übertreibungen auf den Immobilienmärkten beitragen können.“ (Monatsbericht April 2013, S. 44).
  • Steven Keen schlägt vor, die Obergrenze für die Finanzierung von Immobilien nicht an der Entwicklung der – möglicherweise „blasen-haften“ Marktpreise für Immobilien zu orientieren, sondern an die Entwicklung der Mieten, d.h. der Erträge aus Immobilien zu koppeln. So wuchs z.B. in den USA der Index der Immobilienpreise für einige Zeit deutlich stärker als der Index der Mieten: Ein Zeichen für eine Immobilienblase (Krugman/Wells: Macroeconomics, 3rd ed.).

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Gutachten zu Immobilienpreisen „Für Berlin gilt: The party is over“

Seit Jahren steigen die Preise von Eigentumswohnungen sowie die Mieten in deutschen Metropolen rasant, vor allem in Berlin. Dieser Trend könnte bald vorbei sein – prophezeien Experten in einem neuen Gutachten.“

Die Deutsche Bundesbank stellt in ihrem Monatsbericht vom Februar 2017 (S. 55 ff.) fest, dass die Preise für Immobilien besonders in sieben großen deutschen Städten sehr stark ansteigen. Sie sieht darin ein Zeichen für eine Übertreibung, ohne allerdings genauer offen zu legen, wie sie dies definiert  und festlegt.

Maßnahmen gegen überbordende Hauspreise

Einen allgemeinen Überblick über Massnahmen zur Dämpfung von spekulativen Immobilien-Blasen geben Kenneth N. Kuttner, Ilhyock Shim (2015): Policies to dampen housing cycles: Tools that belong in the box, VOX EU, 13 June 2015 The housing market, almost everywhere, is a major source of financial instability. This column presents research suggesting that certain types of macroprudential policy may well be useful additions to the policy toolbox, but that the evidence is far from definitive. Despite promising signs, it would be unwise to rely solely on macroprudential policies for taming financial booms and busts.“ (… mehr)

Deutschland bekämpft Entstehung von Immobilienblasen – nur halbherzig

In Deutschland wird eine neue Regelung gegen Immobilienblasen vorbereitet, aber – wahrscheinlich unter dem der Einfluss der Banken-Lobby (I.Schnabel: „Genug der Zugeständnisse!“ Handelsblatt, 22.3.17, S. 48) – wird nur halbherzig eingegriffen. Auch die Politik scheut sich, den Wählern zu erschweren,  den Traum vom Eigenheim zu erfüllen.

Droht eine Immobilienblase, dann darf die Bankenaufsicht (BaFin) einen Mindest-Prozentsatz für das Eigenkapital der Käufer am Immobilienwert festlegen und/oder die Zeit festlegen, nach der der Kredit getilgt sein muss.

Was nicht verlangt werden soll (Handelsblatt-Live, 22.3.17):

  • Ein Höchstwert für das Verhältnis zwischen Kreditsumme und Einkommen des Käufers
  • Eine Obergrenze für die Gesamtverschuldung des Käufers.

Somit können sich Käufer nach wie vor hoch verschulden – sofern die Bank nicht bei der Prüfung des Kreditantrags selbst Grenzen setzt- allerding muss sie dann den Kunden möglicherweise zur Konkurrenz abwandern lassen.

NOTENBANK: Schweiz verschärft Kampf gegen Immobilienblase

Die Schweizer Regierung verstärkt den Kampf gegen eine Überhitzung des Immobilienmarktes. Schweizer Banken müssen für Wohnbauhypotheken vom 30. Juni an zusätzlich zwei Prozent statt wie bisher ein Prozent Eigenkapital zurücklegen, teilte das Finanzministerium mit. Die Regierung führt den Kapitalaufschlag auf Antrag der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ein, die sich wegen der Überhitzungserscheinungen im Wohnbau Sorgen um die Stabilität von Banken“  Quelle: Handelsblatt, 24.1.2014

IMF verweist auf Möglichkeiten, den Anstieg der Hauspreise zu dämpfen

  1. limits on loan-to-value ratio: Cap the size of a mortgage
    loan relative to the value of the property associated with the
    loan, in essence imposing a minimum down payment.
  2. limits on debt-service-to-income ratios: Restrict the size of a debt service payment to a fixed share of household income, containing unaffordable increases in household debt.
  3. sectoral capital requirements: Force lenders to hold extra capital against loans to a specific sector, such as real estate, discouraging heavy exposures to the sector (d.h. gegen das „Klumpen-Risiko“).

Quellen: World Economic Outlook 2014 (Box 1.1, S. 35); ausführlicher dazu in: Key Aspects of Macroprudential Policy, IMF Policy Paper, 2013

Hauspreise steigen vor allem in Ballungsgebieten – unterschiedliche Instrumente nötig

Die Maßnahmen zur Begrenzung der Immobilienspekulation können nicht innerhalb eines Landes einheitlich sein, da die Preise je nach Region unterschiedlich stark steigen (Bruegel Policy Contribution Issue n˚26, oct. 2017 „Spotting excessive regional house price growth and what to do about it“, Grégory Claeys, Konstantinos Efstathiou and Dirk Schoenmaker [download]).

Irland plant Begrenzung des Hypothekenrisikos in den Banken (Nov. 2014)

Die Irische Zentralbank plante im Herbst 2014, mit Kreditauflagen eine neue Immobilienblase zu verhindern (Handelsblatt, 17.11.14).

Geplante Auflagen bei der Vergabe von Hypothekenkrediten:

  • Banken dürfen von ihrem gesamten Kreditvolumen nur 15% für Hypotheken halten, die zu weniger als 20% mit Eigenkapital des Hauskäufers finanziert sind
  • Kredite an Haushalte, bei denen das Darlehen höher ausfällt als das 3,5-Fache des Einkommens, sollen auf 20% des gesamten Kreditvolumens einer Bank begrenzt werden.

Erwartungsgemäß protestieren die Banken gegen diese Einschränkung; der Kampf der Lobbyisten wird über die endgültig verabschiedete Regulierung entscheiden.

Neues Konzept für die Beziehungen zwischen Hauskäufern und Banken

Mian und Sufi („House of debt“) haben einen interessanten Vorschlag für eine gesamtwirtschaftlich stabilere Finanzierung von Immobilien gemacht. Dabei sollen sich beide Seiten Risiko und Ertrag teilen.

Früherkennung

Bevor eine Blase bekämpft werden kann, muss ihre Existenz nachgewiesen sein. Dazu sind zumindest Daten zur Preisentwicklungen auf den Immobilienmärkten erforderlich: