Archiv der Kategorie: Finanzkrise

Vorträge zu Europa

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Globale Finanzkrise / Global Financial Crisis

  • Germany’s macroeconomic interests & EU economic policies (pdf)
  • EU-crisis: Lessons for a changing EU? (pdf)
  • Schulden in Europa – wen kümmert´s? (pdf
  • The Great Financial Crisis – Ways out of debt (pdf)
  • Finanzkrise und (k)ein Ende – Grexit, Geldschwemme und andere seltsame Vorgänge (pdf)
  • Der Euro und die Krise – Raus aus den Schulden – und aus dem Euro?!? (pdf)
  • Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung in Europa – Der Euro, die Krise und Griechenland (pdf)
  • Morphing Monetary Policy in the € – Zone
  • Hat der Euro strukturelle Probleme (pdf)

Binnenmarkt / Single Market

  • EU Single Market – expectations, achievements (pdf)
  • Freizügigkeit im Europäischen Binnenmarkt – und wo bleibt mein Job? (pdf)
  • Europa 2020 – Ausbildung und Bildung (pdf)
  • Working in the EU – opportunities and challenges for young people (pdf)
  • Bau- und Stolpersteine für ein mobiles Europa – Eine Bahn ohne Grenzen (pdf)

Europäische Integration / European Integration

  • Perspektiven der EU – wie weiter? (pdf)
  • Die soziale Komponente der EU – Gedanken vor der Europawahl 2019 (pdf)
  • Europawahl 2019 – eine Schicksalswahl? (pdf)
  • Europawahl 2019 – lohnt es sich teilzunehmen? (pdf
  • EU – quo vadis? (pdf)
  • Spielverderber oder Partner? Die Rolle der Europäischen Kommission in der deutschen Wirtschaftspolitik (pdf)
  • Voran mit der EU – aber wohin? (pdf)
  • Wettbewerbsfähige und soziale EU – Erwartung und Wirklichkeit (pdf)
  • Wann werden wir Europäer? (pdf)
  • Osterweiterung der EU Was haben die Transformationsländer daraus gemacht? (pdf)
  • (Mehr) Macht für die EU (?) (deutsch)(englisch)
  • The EU after Brexit: Back to the Nation or “Ever Closer Union”€? (YOUTUBE, PART 1) (PART 2) (Part 3) (PART 4)

 

Grenzenlose Kredite

Grenzüberschreitende Kreditbeziehungen: Zweischneidig

Der grundlegende Gedanke des Binnenmarktes ist der grenzenlose Wettbewerb. Auf dem Finanzmarkt schließt dies auch ein, dass ausländische Banken Kredite im Inland vergeben können und dass Kredite in der einheimischen oder in der fremden Währung denominiert werden können. Damit eröffnen sich neue Chancen – aber auch erhebliche Risiken:

  • Die privaten Kreditnehmer (Haushalte, Unternehmen) können möglicherweise deutlich billigere Kredite in fremder Währung bekommen. Sobald sich aber der Wechselkurs ihrer einheimischen Währung verschlechtert, müssen sie einen wachsenden Anteil ihres Einkommens aufbringen, um diese Kredite zu bedienen; dies kann ihre Zahlungsfähigkeit überfordern.
  • Banken können sich neue Märkte erschließen. Wenn sie jedoch viele Kredite in einem Land vergeben haben, dessen Kunden wegen einer Abwertung ihre Verpflichtungen nicht erfüllen können, so muss die Bank hohe Abschreibungen vornehmen – dies kann sie in existenzielle Schwierigkeiten bringen.

Das Ausmaß der Auslandsverschuldung wird in der Grafik (ECB (2014). Financial stability review May 2014. Frankfurt (M), S. 121) deutlich.

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Beispiele für das Problem mit Auslandsschulden sind u.a.

  • Ost-europäische Kreditnehmer, die billige Kredite in der Schweiz aufgenommen hatten. Als der Schweizer Franken aufwertete, wurden viele Kredite notleidend. (Hüttl, P. Foreign loan hangovers, Breugel Blog, 14.10.2015)
  • Deutliche Abwertungen der polnischen, ungarischen und tschechischen Währungen gegenüber dem Euro. Die ungarische Regierung hat sogar ein Gesetz zur Umwandlung von Euro-Krediten in Forint-Kredite durchgebracht, mit dem die ausländischen – größtenteils österreichischen – Banken den Schaden aufgebürdet bekamen. („Ungarn bittet ausländische Banken zur Kasse – Orbán-Regierung will mit neuem Gesetz die Umwandlung von Fremdwährungskrediten durchsetzen, (29.9.2014). Handelsblatt).

Kreditschöpfung durch Banken

Wo kommen Geld und Kredit her?

Die herkömmliche Theorie sieht die Zentralbank als Quelle des Geldes: Nur sie darf Geld in Umlauf bringen. Dies wird dann meist gleichgesetzt mit der Schaffung von Krediten für Investoren, Regierungen und Haushalte. Banken dagegen seien lediglich „Drehscheiben“, die zwischen Sparern und Investoren vermittel. Diese Sicht schlägt sich in der Theorie der „Lonable Funds“ nieder, die den Zins als Preis auf dem Markt für Kredite sieht.

Dem steht eine schon lange beschriebene, aber nicht beachtete Sicht gegenüber, in der es die Geschäftsbanken sind, die Kredite „aus der Luft“ (out of thin air) schaffen können. Sie erhalten dadurch eine Schlüsselrolle im Kreislauf des Kapitals. Die Sicht der Kreditschöpfung durch Banken ermöglicht eine wesentlich bessere erklärung von Finanzkrisen, als es die herkömmliche Theorie vermag.

Quellen

  • Werner, R. A. (2012). The Quantity Theory of Credit and Some of its Applications. Southampton, University of Southampton [ein hervorragender Überblick über die geldtheoretischen Grundlagen und deren wirtschaftspolitische Konsequenzen in 90 Folien]
  • Ryan-Collins, J., Greenham, T., Werner, R., et al. (2011): Where Does Money Come From? A guide to the UK monetary and banking system., London.
  • Werner, R. (2011): Economics as if banks mattered – A contribution based on the inductive methodology, in: The Manchester School, 25–38.
  • McLeay, M., A. Radia, et al. (2014). „Money creation in the modern economy.“ Bank of England Quarterly Bulletin(1).
  • Jakab, Z. and M. Kumhof (2015). „Banks are not intermediaries of loanable funds – and why this matters.“ Bank of England working paper(529). (download)
  • Deutsche Bundesbank (2012d). Geld und Geldpolitik. Frankfurt/M. pp. 72
  • Ravn, I. (2015): “Explaining money creation by commercial banks: Five analogies for public education”, real-world economics review, issue no. 71, 28 May 2015, pp. 92-111 (download)
  • Sigurjónsson, F. (2015). Monetary Reform – A better monetary system for Iceland. Reykjavik, pp. 20-37 (download)
  • Die unverstandene Welt der Banken (Teil 1+2), Günther Grunert – Paul Steinhardt · Mittwoch den 18. + 19. März 2015, flassbeck-economics (link)(link)

Immobilienfinanzierung – Das Risiko teilen

Immobilienkredit müssen zurückgezahlt werden – egal wie weit der Hauspreis nach Abschluss des Kaufvertrags fällt. Steigen die Hauspreise dagegen, dann kassiert alleine der Käufer den Zuwachs, wenn er das Haus weiterverkauft. In den USA kann ein verschuldeter Immobilienkäufer „das Haus an die Bank zurückgegen“ (Hand-in the keys) und ist von der Verpflichtung zur Tilgung des Restkredits befreit. Dies führt dazu, dass einige Kredite platzen, wenn der Kreditnehmer zeitweise den Kredit nicht bedienen kann – Banken müssen dann den Restkredit abschreiben.In Griechenland haben viele Hauskäufer die Bedienung ihrere Kredite eingestellt, als die Politik entschied, dass säumige Zahler nicht aus der Wohnung geworfen werden dürfen. Dieser „strategische Bankrott“ bringt die Banken in erhebliche Schwierigkeiten.

Mian und Sufi (2014) schlagen eine neue Form der Finanzierung von Immobilien vor, um zu einem stabileren Finanzsystem zu kommen. Die Bank soll automatisch auf einen Teil des Kredites verzichten, wenn die Hauspreise unter ein vordefiniertes Niveau fallen, so dass der Kreditnehmer den Anreiz hat und im Stande bleibt, den Kredit weiter zu bedienen. Kann der Hauseigentümer dagegen das Haus zu einem höheren Preis weiterverkaufen, soll ein Teil des Zuwachses der Bank zufließen. So teilen sich beide Risiko und Ertrag und gehen daher (hoffentlich) solidere Kreditbeziehungen ein. Außerdem versprechen sich die Autoren davon eine Dämpfung der Boom-Zusammenbruch-Zyklen der Gesamtwirtschaft.

Diese Idee geht über die bisher übliche Rettung von Banken hinaus und berücksichtigt die Interessen der Hauskäufer stärker.

Können künftig Banken-Krisen (besser) vorhergesehen werden?

Die Finanzkrise traf viele – auch die Fachleute – überraschend.

Jetzt hat die BIS eine Reihe von Indikatoren vorgeschlagen, die es erlauben sollen die Krisen im Bankensektor frühzeitig vorauszusehen (Drehmann, M. and M. Juselius (2013), Evaluating early warning indicators of banking crises: Satisfying policy requirements, BIS Working Papers 421).

Selbst wenn man diese Indiatoren für zuverlässig und hilfreich hält, ist dennoch nicht anzunehmen, dass eine bessere „Frühwarnung“ gegen die psychologischen Kräfte von „mania and panic“ wirken wird. Die nächste „Blase“ kommt dennoch.

Der EURO – eine Fehlkonstruktion?

Die Konstruktion der Wirtschafts- und Währungsunion wurde in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion als fehlerhaft kritisiert: Besonders das Fehlen einer gemeinsamen Fiskalpolitik bei gemeinsamer Geldpolitik und Wegfall des Wechselkurses wurde als „Geburtsfehler“ bezeichnet.

Mit der Finanzkrise, die zu einer Euro-Krise oder gar Europa-Krise mutiert ist, gewinnt dieser Aspekt wieder an Aufmerksamkeit. Ein sehr gutes und übersichtliches Papier zu diesem Thema von Paul DeGrauwe befasst sich u.a. mit der fehlerhaft spezifizierten Rolle der Europäischen Zentralbank, die nach seiner Auffassung als „Lender of last Resort“ (Letzter Kreditgeber) fungieren sollte, so dass eine Panik an den Finanzmärkten nicht zur Illiquidität von Staaten führen kann (DeGrauwe, P. (2013): Design Failures in the Eurozone – can they be fixed?, in: European Economy, economic papers, 491, April; als PowerPoint).

Ähnlich:

Conclusion: „In sum, the three bailouts affecting some of the weakest member states in terms of solvency, and the expected two soft bailouts to other member states still solvent but with liquidity problems, have been triggered by eurozone design and management failures, which have created large uncertainties among investors and contagion among member states.
It may be that this is the only politically feasible way to walk slowly toward a future fiscal union, a single fiscal policy, and a banking union, but these series of failures in the eurozone design, governance, and management of the crisis have not been able to solve the current eurozone crisis, and they have proved extremely costly and painful for some member states and for many eurozone citizens.
The eurozone is in reality quite a closed economy compared to the rest of the world in the sense that is has no current account surplus or deficit, and all its members are in the same boat given that surpluses in some member states are the counterpart of deficits in other member states, and surplus members have financed their surpluses of exports of goods and services to the deficit countries. Moreover, the competitiveness of some members comes at the expense of the ompetitiveness of others.
These are the reasons why all member states together should be able to find a consensus and a more Cooperative way out of the current difficult situation to really try to stabilize the eurozone and the euro for good.“

Summary: The collapse of the euro is no accident; the seeds of the crisis were planted before the monetary union even began, argues a former chair of the Council of Economic Advisers. It never made sense to yoke so many different economies and cultures together—yet they now find themselves trapped in a union that leaves no means of escape.

Spekulation mit Immobilien vom Staat ermutigt

Ursachen von Immobilien-Blasen

Banken geben Kredite für den Kauf von Immobilien und die Immobilie dient als Pfand zur Absicherung des Kredits. Der Käufer zahlt in der Regel einen feststehenden monatlichen Betrag an die Bank, der sich aus Zins und Tilgung zusammensetzt (Hypothek; Annuität). Sollte der Kreditnehmer den Kredit nicht mehr vertragsgemäß bedienen können, so kann die Bank die Immobilie verkaufen und daraus den noch ausstehenden Kreditbetrag zurückgewinnen. Probleme treten dann auf, wenn die Immobilie in der Zwischenzeit an Wert verloren hat und die Bank auch nach dem Verkauf auf einem Teil des ausstehenden Kredits sitzen bleibt: Sie muss diesen Betrag abschreiben, was ihr Eigenkapital mindert. Ist dieser Vorgang häufig oder betrifft er ein großes Kreditvolumen, dann können die erforderlichen Abschreibungen das Eigenkapital der Bank aufzehren und damit die Bank in den Bankrott treiben. Wenn viele Banken gleichzeitig dieses Problem haben, bricht das Finanzsystem zusammen.

Ein massenhafter Verlust durch nicht mehr bediente Immobilienkredite tritt nach dem Platzen einer Immobilienblase auf – daher ist es wichtig, deren Entstehen frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden.

In einigen Ländern, z.B. Irland, Spanien, Niederlande, stiegen die Immobilienpreise stark an, so dass sich eine „Blase“ entwickelte. Dies  kann auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden – die vom Staat gesetzten Rahmenbedingungen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Auch wenn eine frühzeitige Begrenzung einer spekulativen Immobilienblase geleistet werden soll, ist die Regulierung des Finanzsektors wichtig:

  • In den Niederlanden konnten die Hypothekenzinsen von der Einkommenssteuer abgesetzt werden. Dies führte dazu, dass viele Haushalte nur Zinsen zahlten und auf die Tilgung „verzichteten“ – auch in der Erwartung, dass das Haus bei einem späteren Verkauf deutlich an Wert gewonnen haben wird und die Tilgung dann leicht fällt. Mit dem Rückgang der Immobilienpreise geht dieses Modell nicht mehr auf und Haushalte können möglicherweise die Schulden nicht mehr tragen – mit den entsprechenden Folgen für das Finanzsystem.
  • In Dänemark wurden Hypothekenkrediten mit zehn tilgungsfreien Jahren vergeben. Nach dieser Zeit können Haushalte, die bereits mit der Zinszahlung bis an den Rand ihrer Kapazität gegangen sind, den Kredit nicht mehr bedienen (Handelsblatt 23.4.13, „Dänische Hausbesitzer haben Angst. Der Internationale Währungsfonds IWF fordert das Ende der tilgungsfreien Kredite.  Das Risiko von Privatinsolvenzen steigt. 56 Prozent der Dänen finanzieren ihr Haus tilgungsfrei.“; ähnlich: „Danish mortgages- Something rotten“; Denmark’s property market is built on rickety foundations, ECONOMIST Apr 19th 2014)
  • Die Deutsche Bundesbank formuliert in ihrer zurückhaltenden Art: „Beispielsweise kann die steuerliche Behandlung von Hypothekenzinsen Anreize für Immobilieninvestitionen setzen, die ihrerseits zu Übertreibungen auf den Immobilienmärkten beitragen können.“ (Monatsbericht April 2013, S. 44).
  • Steven Keen schlägt vor, die Obergrenze für die Finanzierung von Immobilien nicht an der Entwicklung der – möglicherweise „blasen-haften“ Marktpreise für Immobilien zu orientieren, sondern an die Entwicklung der Mieten, d.h. der Erträge aus Immobilien zu koppeln. So wuchs z.B. in den USA der Index der Immobilienpreise für einige Zeit deutlich stärker als der Index der Mieten: Ein Zeichen für eine Immobilienblase (Krugman/Wells: Macroeconomics, 3rd ed.).

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Gutachten zu Immobilienpreisen „Für Berlin gilt: The party is over“

Seit Jahren steigen die Preise von Eigentumswohnungen sowie die Mieten in deutschen Metropolen rasant, vor allem in Berlin. Dieser Trend könnte bald vorbei sein – prophezeien Experten in einem neuen Gutachten.“

Die Deutsche Bundesbank stellt in ihrem Monatsbericht vom Februar 2017 (S. 55 ff.) fest, dass die Preise für Immobilien besonders in sieben großen deutschen Städten sehr stark ansteigen. Sie sieht darin ein Zeichen für eine Übertreibung, ohne allerdings genauer offen zu legen, wie sie dies definiert  und festlegt.

Maßnahmen gegen überbordende Hauspreise

Einen allgemeinen Überblick über Massnahmen zur Dämpfung von spekulativen Immobilien-Blasen geben Kenneth N. Kuttner, Ilhyock Shim (2015): Policies to dampen housing cycles: Tools that belong in the box, VOX EU, 13 June 2015 The housing market, almost everywhere, is a major source of financial instability. This column presents research suggesting that certain types of macroprudential policy may well be useful additions to the policy toolbox, but that the evidence is far from definitive. Despite promising signs, it would be unwise to rely solely on macroprudential policies for taming financial booms and busts.“ (… mehr)

Deutschland bekämpft Entstehung von Immobilienblasen – nur halbherzig

In Deutschland wird eine neue Regelung gegen Immobilienblasen vorbereitet, aber – wahrscheinlich unter dem der Einfluss der Banken-Lobby (I.Schnabel: „Genug der Zugeständnisse!“ Handelsblatt, 22.3.17, S. 48) – wird nur halbherzig eingegriffen. Auch die Politik scheut sich, den Wählern zu erschweren,  den Traum vom Eigenheim zu erfüllen.

Droht eine Immobilienblase, dann darf die Bankenaufsicht (BaFin) einen Mindest-Prozentsatz für das Eigenkapital der Käufer am Immobilienwert festlegen und/oder die Zeit festlegen, nach der der Kredit getilgt sein muss.

Was nicht verlangt werden soll (Handelsblatt-Live, 22.3.17):

  • Ein Höchstwert für das Verhältnis zwischen Kreditsumme und Einkommen des Käufers
  • Eine Obergrenze für die Gesamtverschuldung des Käufers.

Somit können sich Käufer nach wie vor hoch verschulden – sofern die Bank nicht bei der Prüfung des Kreditantrags selbst Grenzen setzt- allerding muss sie dann den Kunden möglicherweise zur Konkurrenz abwandern lassen.

NOTENBANK: Schweiz verschärft Kampf gegen Immobilienblase

Die Schweizer Regierung verstärkt den Kampf gegen eine Überhitzung des Immobilienmarktes. Schweizer Banken müssen für Wohnbauhypotheken vom 30. Juni an zusätzlich zwei Prozent statt wie bisher ein Prozent Eigenkapital zurücklegen, teilte das Finanzministerium mit. Die Regierung führt den Kapitalaufschlag auf Antrag der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ein, die sich wegen der Überhitzungserscheinungen im Wohnbau Sorgen um die Stabilität von Banken“  Quelle: Handelsblatt, 24.1.2014

IMF verweist auf Möglichkeiten, den Anstieg der Hauspreise zu dämpfen

  1. limits on loan-to-value ratio: Cap the size of a mortgage
    loan relative to the value of the property associated with the
    loan, in essence imposing a minimum down payment.
  2. limits on debt-service-to-income ratios: Restrict the size of a debt service payment to a fixed share of household income, containing unaffordable increases in household debt.
  3. sectoral capital requirements: Force lenders to hold extra capital against loans to a specific sector, such as real estate, discouraging heavy exposures to the sector (d.h. gegen das „Klumpen-Risiko“).

Quellen: World Economic Outlook 2014 (Box 1.1, S. 35); ausführlicher dazu in: Key Aspects of Macroprudential Policy, IMF Policy Paper, 2013

Hauspreise steigen vor allem in Ballungsgebieten – unterschiedliche Instrumente nötig

Die Maßnahmen zur Begrenzung der Immobilienspekulation können nicht innerhalb eines Landes einheitlich sein, da die Preise je nach Region unterschiedlich stark steigen (Bruegel Policy Contribution Issue n˚26, oct. 2017 „Spotting excessive regional house price growth and what to do about it“, Grégory Claeys, Konstantinos Efstathiou and Dirk Schoenmaker [download]).

Irland plant Begrenzung des Hypothekenrisikos in den Banken (Nov. 2014)

Die Irische Zentralbank plante im Herbst 2014, mit Kreditauflagen eine neue Immobilienblase zu verhindern (Handelsblatt, 17.11.14).

Geplante Auflagen bei der Vergabe von Hypothekenkrediten:

  • Banken dürfen von ihrem gesamten Kreditvolumen nur 15% für Hypotheken halten, die zu weniger als 20% mit Eigenkapital des Hauskäufers finanziert sind
  • Kredite an Haushalte, bei denen das Darlehen höher ausfällt als das 3,5-Fache des Einkommens, sollen auf 20% des gesamten Kreditvolumens einer Bank begrenzt werden.

Erwartungsgemäß protestieren die Banken gegen diese Einschränkung; der Kampf der Lobbyisten wird über die endgültig verabschiedete Regulierung entscheiden.

Neues Konzept für die Beziehungen zwischen Hauskäufern und Banken

Mian und Sufi („House of debt“) haben einen interessanten Vorschlag für eine gesamtwirtschaftlich stabilere Finanzierung von Immobilien gemacht. Dabei sollen sich beide Seiten Risiko und Ertrag teilen.

Früherkennung

Bevor eine Blase bekämpft werden kann, muss ihre Existenz nachgewiesen sein. Dazu sind zumindest Daten zur Preisentwicklungen auf den Immobilienmärkten erforderlich:

Zyperns Sparer – nicht die ersten und nicht die einzigen Sparer, die verlieren

Die Angst der Sparer vor dem Verlust der Einlagen kann blitzschnell jede Bank zu Fall bringen: Durch einen Bank Run. Jeder Sparer will bei schlechten Nachrichten seine Einlage sofort abziehen – das Geschäftsmodell einer Bank lässt dafür keine Vorsorge zu. Die Einlagensicherung – bis zu 100.000€ – soll die Sparer beruhigen und den Bank Run verhindern.

Die zypriotischen Banken haben uns wieder eine einfache Tatsache vor Augen geführt: Banken arbeiten nicht nur mit Eigenkapital sondern auch mit Krediten „kleiner“ und „großer“ Anleger, die sie weiterverleihen. Jede Bank kann in die Lage kommen, dass das verliehene Kapital nicht zurückkommt. Wer trägt dann den Verlust? Dafür gibt es im Prinzip eine Kaskade:

  1. Die Eigentümer der Bank (Aktionäre) verlieren ihr Kapital – dieses Polster sollte groß genug sein, um die erwartbaren Kreditausfälle abzudecken.
  2. Wenn das Eigenkapital nicht reicht, müssen die nicht geschützten Kreditgeber zu „Mit-Unternehmern“ der Bank werden: Ihre Einlage wird in haftendes Eigenkapital umgewandelt – und sofort verbraucht oder dem künftigen Geschäftsverlauf der Bank überlassen („Bail In“). In der Regel sind hier die institutionellen Anleger, die Bankanleihen gekauft haben, betroffen.
  3. Sollten Aktionäre und Großanleger nicht genug Volumen zur Deckung der Ausfälle aufbringen, so trifft es auch die „kleinen“ Sparer – sie sollen durch den Einlagensicherungsfond entschädigt werden.
  4. Wenn dieser Fond nicht ausreicht, wird der Steuerzahler heute oder morgen (Staatsschulden) herangezogen („Fiscal Backstop“). Aber auch der Steuerzahler kann überfordert wrden, so dass am Ende der Staatsbankrott steht.

Die Situation der zypriotischen Banken war insofern besonders, als es dort nur wenige Anleger mit Bankanleihen gab – die anderen Sparer wurden also herangezogen. Vernünftigerweise wurden in der zweiten Version der „Rettung“ die rechtlich gesicherten Einlagen unter 100.000€ verschont.

Einschub „Welchen Sinn macht die Schutzgrenze von 100.000€?

Wer mehr als den magischen Betrag in bar auf dem Konto hat, ist nicht zwingend ein Krösus, der aufgefordert werden darf, sich an der Rettung der Bank zu beteiligen. Auch kleine und mittlere Unternehmen erreichen diese Grenze schnell, um die Zahlungen aus dem normalen Geschäftsverkehr sicherzustellen (Löhne, Lieferanten, …). Bezieht man diese Barmittel in das „bail in“ ein, so werden auch gesunde Unternehmen der Realwirtschaft geschädigt. Ebenso können z.B. Versicherungen oder Pensionsfonds im Rahmen ihrer Zahlungsverpflichtungen erhebliche Barmittel benötigen – auch diese sind nicht Teil eines spekulativen Finanzgeschäfts, sondern Gelder der Sparer und Versicherten.

Auf diesen Zusammenhang weist DeGrauwe (2013) hin, der außerdem betont, dass untergehende Banken auch andere, gesunde Banken mit in die Insolvenz reißen und so den Schaden für die Realwirtschaft vergrößern können (DeGrauwe, P. (2013), The new bail-in doctrine: A recipe for banking crises and depression in the eurozone, CEPS Commentaries).

Weniger Glück hatten die kleinen Sparer in Spanien: Sie wurden in dem Glauben gelassen, dass Vorzugsaktien der Sparkassen (Cajas) sicher seien: Jetzt müssen sie einen „Hair Cut“ von über 60% hinnehmen (Spanish banks-Up in smoke. The bill comes in for investors in bankrupt cajas, Economist Mar 30th 2013). Darunter sind viele kleine Anleger, die offenbar falsch beraten wurden – ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Auch diejenigen, die Vorzugsaktien beim Börsengang von Bankia (2011) gekauft hatten, mussten akzeptieren, dass diese mit Wertverlusten in die Haftung genommen wurden (Economist, Jan 25th 2014 „Bankia: From a low base“).

Auch wenn der neue Chef der Euro-Gruppe die Wahrheit unter dem Druck der politischen Klassen wieder zurückgenommen hat: Das Bail In der Sparer wird die Regel bei der Sanierung von Banken werden müssen, da weder der Einlagensicherungsfond noch die Steuerzahler die volle Last schultern können („Banken sollen sich selbst retten“ Euro-Gruppen-Chef sorgt mit Interview für Eklat, Handelsblatt.com 25.03.2013, 19:50 Uhr, Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem hat die Märkte mit einem Interview in Unruhe versetzt. Zypern sei ein Modell für den Umgang mit Krisenbanken, ließ er verlauten. Wenig später ruderten die Euro-Länder zurück.).

Die Haftung der Bankgläubiger wird auch in einem Papier der Europäischen Kommission (Brüssel, den 30.11.2012, COM(2012) 777 final/2, S. 22) klar ausgesprochen:

„In den Fällen, in denen der einheitliche Abwicklungsmechanismus in Anspruch genommen werden muss, sollten – im Einklang mit dem Kommissionsvorschlag über Bankensanierung und -abwicklung – Aktionäre und Gläubiger die für die Abwicklung anfallenden Kosten übernehmen, bevor externe Mittel dafür bereitgestellt werden.“

Auch der deutsche Finanzminister Schäuble soll das Vorgehen in Zypern als Modell bezeichnet haben (Handelsblatt First 20.4.13)

„BANKENRETTUNG: Schäuble sieht in Zypern doch eine Blaupause

Wolfgang Schäuble will entgegen vorheriger Aussagen sehr wohl Vermögende an Bankenrettungen beteiligen – damit nimmt er Eurogruppen-Chef Dijsselbloem in Schutz. Die Allgemeinheit könne nicht alle Verluste tragen.

Von dpa, Reuters

Berlin. Eurogruppen-Chef Jeroeme Dijsselbloem musste am Ende zurückrudern. Ein dummer Fehler war ihm im Interview unterlaufen. Die Rettung in Zypern hatte er als „Blaupause“ für weitere Krisen bezeichnet – und heftige Kritik einstecken müssen. Sollen Vermögende an der Rettung von Banken beteiligt werden? Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nimmt Dijsselbloem nun, wenige Wochen nach der Zypern-Rettung, in Schutz: „Herr Dijsselbloem ist in der Substanz zu Unrecht gescholten worden. Und auch nicht von mir“, unterstrich Schäuble.
Während der Finanzminister bis zuletzt in Interviews die Rettung des Mittelmeerstaats als „speziellen Einzelfall“ bezeichnet hatte, erklärt er nun: „Die Beteiligung von Eigentümern, nachrangigen Anleihegläubigern und dann ungesicherten Anlegern muss der Normalfall sein, wenn ein Finanzinstitut in eine Schieflage gerät.“ In einem Gespräch mit der „WirtschaftsWoche“ bekräftigte er, dass auch in Zukunft vermögende Kunden ihren Beitrag leisten müssen.
„Ansonsten bekommen wir das Moral-Hazard-Problem nicht in den Griff, dass Banken mit riskanten Geschäften fette Gewinne machen, aber im Fall eines Scheiterns dann die Verluste der Allgemeinheit aufbürden“, ergänzte Schäuble. „Das darf nicht sein.“

Auch der ECON-Ausschuss des Europäischen Parlaments hat im Mai 2013 ein „bail-in“ in der Reihenfolge 1. Aktionäre  2. Große Gläubiger 3. als Auffangposition der Steuerzahler gefordert:

„Taxpayers and savers must be the last people called upon to bail out banks, says Parliament’s negotiating position, approved by the Economic and Monetary Affairs Committee on Monday, on draft rules on saving struggling banks. The text rules out using deposits below €100,000 and says that even deposits above €100,000 should be the last to be called in. The committee voted against using deposit guarantee funds for resolution actions and also set out strict conditions for using taxpayer’s money.“ (Taxpayers and savers last in line to save banks, ECON Economic and monetary affairs − 21-05-2013 – 13:02).

Es bleibt abzuwarten, welches Ergebnis in den Verhandlungen zwischen Parlament und Rat – auch unter dem Einfluss der mächtigen Lobby der Finanzindustrie – letztlich zustande kommt.

Auch die Bank for International Settlement (BIS) legte einen Vorschalg vor, mit dem die Aktionäre stärker in die Haftung genommen werden sollen, wenn die Bank in Schwierigkeiten gerät und aufgelöst werden muss (Melaschenko, P., Reynolds, N. (2013): A template for recapitalising too-big-to-fail banks, in: BIS Quarterly Review, June, 25-39).

 

Zyperns Banken

Zypern, Banken, reiche Russen

Warum haben Zyperns Banken Probleme und welche Rolle spielen die “reichen Russen”?

Es wäre doch besser, die Banken direkt zu retten, ohne die Staatsschulden dadurch explodieren zu lassen – oder?

Gibt es eigentlich noch mehr EU-Mitgliedsstaaten mit einem ähnlichen Finanzsektor?

Warum haben Zyperns Banken Probleme?

Die Banken Zyperns waren und sind eng mit dem Finanzsystem Griechenlands verbunden – bei dem “hair cut”, der mit den privaten Investoren in Griechenland “vereinbart“ wurde, verloren sie viel Kapital. Die Eigentümer der Bank sind damit ihr Eigentum los – wenn das nicht reicht um die Verluste zu decken, müssen diejenigen verzichten, die der Bank einen (großen) Kredit gegeben haben: Die Käufer von Bank-Anleihen. Davon gibt es aber nur wenige in zypriotischen Banken. Die Einleger (=Sparer) haben der Bank einen Kredit gegeben – und diesen kann die Bank nicht (vollständig) zurückzahlen  … nur die “kleinen Sparer” (bis 100.000.-€) bleiben ungeschoren.

Dass große Beträge aus Rußland oder Großbritannien in diesen Banken deponiert wurden, ist für die Probleme nicht von Bedeutung und keineswegs ursächlich. „Die reichen Russen mit ihrem Schwarzgeld“ wurden in den Medien als Projektionsfläche für die Ablehnung der Rettung von Banken benutzt.

Im Jahr 2018 geriet mit „Cyprus Coop“ erneut eine der großen Banken Zyperns in existentielle Probleme. 60% der Kredite waren notleidend, d.h. wurden von den Kreditnehmern nicht mehr bedient (Zins und Tilgung). Darunter waren auch Käufer von Immobilien, die darauf vertrauten, dass sie vom Gesetz gegen eine Vertreibung geschützt waren – deshalb zahlten sie nicht mehr an die Bank, auch wenn sie die Mittel dafür gehabt hätten. Als die Probleme bekannt wurden zogen viele Kunden ihre Einlagen aus der Bank ab, da sie (zu Recht) befürchteten, bei einer Bank-Pleite ihre Konten zu verlieren („Zweitgrößte Bank Zyperns sucht verzweifelt einen Retter“, Handelsblatt 28.4.2018).

Ein bekanntes Problem – Zypern in zahlreicher Gesellschaft

Die Republik Zypern (der nicht zur Zeit türkisch besetzte Teil) erzielte bisher einen erheblichen Teil ihrer Wertschöpfung durch Finanzdienstleistungen – so wie andere Länder auch (z.B. Großbritannien, Malta und Luxemburg – heftig bestritten von Vertretern dieser Länder („Deutsche Bank: Luxembourg and Malta should learn from Cyprus“ EUObserver 27.03.13 @ 19:06). Die siamesischen Zwillinge Staat und Banken sind dadurch besonders verbundbar: Wenn die Banken in Probleme geraten und finanzielle Hilfen brauchen, ist der Staat zu klein, um eine Rettung stemmen zu können (“Maus versucht Elefanten aus dem Teich zu ziehen”). Wenn der Staat nicht aus eigenen Mitteln, sondern aus ausländischer oder internationaler Krediten die Banken unterstützt, verschuldet er sich dafür über eine tragfähige Grenze hinaus. Darüber hinaus ist die ausländische Hilfe an Bedingungen gebunden – die Staatsausgaben müssen gekürzt werden, was dem Wachstum schadet und die Wähler verärgert. Diese Situation ist neben Zypern auch in Island, Irland, Griechenland oder Spanien gegeben.

Re-Kapitalisierung der Banken ohne “Umweg” über den Staat?

Warum nicht die Banklen direkt, d.h. ohne Umweg über den Staatshaushalt, mit frischem Kapital versorgen? Die Staatsverschuldung stiegen dann nicht an und die Auflagen der Kapitalgeber könnten sich auf die Banken beschränken. Allerdings würde dadurch ein System mit falschen Anreizen installiert: Ein Land könnte einen (über-) großen Bankensektor entstehen lassen oder dulden. Die attraktiven Arbeitsplätze und reichlichen Steuereinnahmen kämen dem Land zugute, während die Probleme auf Externe – z.B. den IMF oder den “Rettungsschirm” ESM abgewälzt werden könnten; eine typische “unmoralische Herausforderung” (moral hazard). Nur wenn die Banken eines Landes durch eine internationale Instanz, die den Akteuren dieses Landes gegenüber nicht verpflichtet ist, beaufsichtigt und gegebenenfalls auch abgewickelt und geschlossen werden könnten, wäre Nutzen und Verantwortung beim Bankgeschäft wieder in einer Hand. Eine solche “Banken-Union” mit einer EU-weiten Abwicklungsbehörde ist allerdings erst im Aufbau. Bis sie funktioniert, ist der für Zypern gewählte Weg im Grundsatz richtig.

Allerdings ist die „Rettung“ nicht nachhaltig, da der Kapitalbedarf der Banken größer ist, als in den Vereinbarungen geschätzt wurde. Der Präsident Zyperns hat in einem Brief an die Troika im Juni 2013 darauf higewiesen und weitere Hilfen erbeten („Open Europe blog: Full letter from the Cypriot President to the Troika slamming Cypriot bailout“, June 18th 2013)

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