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Über brasche

Volkswirt, besonderes Interesse an wirtschaftlichen Aspekten der Europäischen Integration. Professor für Volkswirtschaftslehre, TH Brandenburg Mitglied des Rednerdienstes "Team Europe" der Europäischen Kommission

Bundesbank gegen EZB-das Verfassungsgericht

(Beitrag in Arbeit)

Der Konflikt über den richtigen Kurs der Geldpolitik angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise wird in der Wissenschaft und in der Politik ausgetragen; auch die Bundesbank stellt sich immer wieder mehr oder minder offen gegen den Kurs der EZB. Der Verlust der Unabhängigkeit sowie der -vermeintliche- Bruch der Europäischen Verträge durch die Finanzierung der Staatshaushalte der Krisenländer durch die EZB stehen im Zentrum der Debatte.

Warum soll die Zentralbank unabhängig sein?

Wenn die Regierung über die Geldpolitik gebietet, könnte sie die Stabilität der Währung aus verschiedene Gründen vernachlässigen oder gar beschädigen:

  1. Durch das „Drucken von Geld“, d.h. durch die Erhöhung der Geldmenge und die Verbilligung von Krediten, kann die (kreditfinanzierte) Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern angeregt werden. Dadurch steigt auch die Produktion und die Zahl der Arbeitsplätze. Bei bereits hoher Kapazitätsauslastung kann das Güterangebot nicht schnell genug wachsen, so dass die Unternehmen den Spielraum für Preiserhöhungen ausnutzen: Das gesamtwirtschaftliche Preisniveau steigt – dies wird Inflation genannt. Die Regierung kann die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt für sich verbuchen und hofft, dass die Wähler die Inflation nicht so stark wahrnehmen.
  2. Bestehende Schulden sind immer nominal definiert, d.h. sie werden durch einen Geldbetrag beschrieben. Steigt das Preisniveau und damit auch -mehr ode rminder im Gleichschritt- die einkommen (= Inflation), dann bleibt der Betrag der Schulden davon unberührt: Die Relation zwischen Schulden und Einkommen wird „leichter“, so dass der Schuldendienst (Zins und Tilgung) aus dem nominal gewachsenen Einkommen leichter bedient werden kann. Die Rückzahlung der Schulden erfolgt mit entwertetem Geld: Der Gläubiger wird teilweise enteignet. Da Regierungen chronisch verschuldet sind, ist ihnen eine „gemäßigte“ Inflation willkommen. Sie werden zum Schutz der Kaufkraft daher auch keine unpopulären Maßnahmen zur Inflationsdämpfung einleiten, da diese immer Arbeitsplätze und damit Wählerstimmen kosten.
  3. Wenn eine Regierung bereits hoch verschuldet ist und daher am Kapitalmarkt nur noch gegen hohe und steigende Zinsen sich frische Kredite besorgen kann, könnte sich versucht sein, das Urteil der Anleger zu ignorieren, indem sie sich direkt bei der Zentralbank (günstige und reichliche) Kredite besorgt. Diese direkte Finanzierung der Regierungen ist in der EU verboten, um den großen Kredithunger der Regierungen durch das kritische Urteil der Finanzmärkte bändigen zu lassen. Obwohl dieser Grundsatz plausibel ist, muss angemerkt werden, dass die Finanzmärkte bis zum Ausbruch der Krise keine zutreffende Risikoeinschätzung bei Staatskrediten gezeigt haben: Die Zinsen waren für alle Länder gleich (niedrig), auch wenn die Verschuldung hoch und die Wirtschaftskraft gering war.

Um die Duldung oder gar Entfachung von Inflation durch „laxe“ Geldpolitik auszuschließen, wurde in einigen Ländern die Zentralbank als Hüterin der Geldwertstabilität unabhängig vom Einfluss der Regierung gemacht. Andere Länder dagegen sahen und sehen in der Geldpolitik die Dienerin der politischen Gestaltung, die von Parlament und der Regierung ausgeübt wird. Pro Unabhängigkeit war und ist z.B. Deutschland, während die andere Sicht eher in Frankreich vorherrscht.

Zahlreiche empirische Untersuchungen haben gezeigt, dass in Ländern mit einer unabhängigen Zentralbank auch der Geldwert stabiler ist.

… wird fortgesetzt

 

Bleibt die EZB unabhängig?

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Wie stehen deutsche Geldpolitiker zum Kurs der EZB unter Mario Draghi?

Gegen die „Rettungsschirme“ für hoch verschuldete EURO-Länder wurde vor dem deutschen Verfassungsgericht (BVG) geklagt. In diesem Rahmen hat die Deutsche Bundesbank im Dezember 2012 eine Stellungnahme an das BVG zu OMT gegeben, die als scharfe Kritik am geldpolitischem Kurs der EZB verstanden werden muss.

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Spekulation mit Immobilien vom Staat ermutigt

Ursachen von Immobilien-Blasen

Banken geben Kredite für den Kauf von Immobilien und die Immobilie dient als Pfand zur Absicherung des Kredits. Der Käufer zahlt in der Regel einen feststehenden monatlichen Betrag an die Bank, der sich aus Zins und Tilgung zusammensetzt (Hypothek; Annuität). Sollte der Kreditnehmer den Kredit nicht mehr vertragsgemäß bedienen können, so kann die Bank die Immobilie verkaufen und daraus den noch ausstehenden Kreditbetrag zurückgewinnen. Probleme treten dann auf, wenn die Immobilie in der Zwischenzeit an Wert verloren hat und die Bank auch nach dem Verkauf auf einem Teil des ausstehenden Kredits sitzen bleibt: Sie muss diesen Betrag abschreiben, was ihr Eigenkapital mindert. Ist dieser Vorgang häufig oder betrifft er ein großes Kreditvolumen, dann können die erforderlichen Abschreibungen das Eigenkapital der Bank aufzehren und damit die Bank in den Bankrott treiben. Wenn viele Banken gleichzeitig dieses Problem haben, bricht das Finanzsystem zusammen.

Ein massenhafter Verlust durch nicht mehr bediente Immobilienkredite tritt nach dem Platzen einer Immobilienblase auf – daher ist es wichtig, deren Entstehen frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden.

In einigen Ländern, z.B. Irland, Spanien, Niederlande, stiegen die Immobilienpreise stark an, so dass sich eine „Blase“ entwickelte. Dies  kann auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden – die vom Staat gesetzten Rahmenbedingungen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Auch wenn eine frühzeitige Begrenzung einer spekulativen Immobilienblase geleistet werden soll, ist die Regulierung des Finanzsektors wichtig:

  • In den Niederlanden konnten die Hypothekenzinsen von der Einkommenssteuer abgesetzt werden. Dies führte dazu, dass viele Haushalte nur Zinsen zahlten und auf die Tilgung „verzichteten“ – auch in der Erwartung, dass das Haus bei einem späteren Verkauf deutlich an Wert gewonnen haben wird und die Tilgung dann leicht fällt. Mit dem Rückgang der Immobilienpreise geht dieses Modell nicht mehr auf und Haushalte können möglicherweise die Schulden nicht mehr tragen – mit den entsprechenden Folgen für das Finanzsystem.
  • In Dänemark wurden Hypothekenkrediten mit zehn tilgungsfreien Jahren vergeben. Nach dieser Zeit können Haushalte, die bereits mit der Zinszahlung bis an den Rand ihrer Kapazität gegangen sind, den Kredit nicht mehr bedienen (Handelsblatt 23.4.13, „Dänische Hausbesitzer haben Angst. Der Internationale Währungsfonds IWF fordert das Ende der tilgungsfreien Kredite.  Das Risiko von Privatinsolvenzen steigt. 56 Prozent der Dänen finanzieren ihr Haus tilgungsfrei.“; ähnlich: „Danish mortgages- Something rotten“; Denmark’s property market is built on rickety foundations, ECONOMIST Apr 19th 2014)
  • Die Deutsche Bundesbank formuliert in ihrer zurückhaltenden Art: „Beispielsweise kann die steuerliche Behandlung von Hypothekenzinsen Anreize für Immobilieninvestitionen setzen, die ihrerseits zu Übertreibungen auf den Immobilienmärkten beitragen können.“ (Monatsbericht April 2013, S. 44).
  • Steven Keen schlägt vor, die Obergrenze für die Finanzierung von Immobilien nicht an der Entwicklung der – möglicherweise „blasen-haften“ Marktpreise für Immobilien zu orientieren, sondern an die Entwicklung der Mieten, d.h. der Erträge aus Immobilien zu koppeln. So wuchs z.B. in den USA der Index der Immobilienpreise für einige Zeit deutlich stärker als der Index der Mieten: Ein Zeichen für eine Immobilienblase (Krugman/Wells: Macroeconomics, 3rd ed.).

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Gutachten zu Immobilienpreisen „Für Berlin gilt: The party is over“

Seit Jahren steigen die Preise von Eigentumswohnungen sowie die Mieten in deutschen Metropolen rasant, vor allem in Berlin. Dieser Trend könnte bald vorbei sein – prophezeien Experten in einem neuen Gutachten.“

Die Deutsche Bundesbank stellt in ihrem Monatsbericht vom Februar 2017 (S. 55 ff.) fest, dass die Preise für Immobilien besonders in sieben großen deutschen Städten sehr stark ansteigen. Sie sieht darin ein Zeichen für eine Übertreibung, ohne allerdings genauer offen zu legen, wie sie dies definiert  und festlegt.

Maßnahmen gegen überbordende Hauspreise

Einen allgemeinen Überblick über Massnahmen zur Dämpfung von spekulativen Immobilien-Blasen geben Kenneth N. Kuttner, Ilhyock Shim (2015): Policies to dampen housing cycles: Tools that belong in the box, VOX EU, 13 June 2015 The housing market, almost everywhere, is a major source of financial instability. This column presents research suggesting that certain types of macroprudential policy may well be useful additions to the policy toolbox, but that the evidence is far from definitive. Despite promising signs, it would be unwise to rely solely on macroprudential policies for taming financial booms and busts.“ (… mehr)

Deutschland bekämpft Entstehung von Immobilienblasen – nur halbherzig

In Deutschland wird eine neue Regelung gegen Immobilienblasen vorbereitet, aber – wahrscheinlich unter dem der Einfluss der Banken-Lobby (I.Schnabel: „Genug der Zugeständnisse!“ Handelsblatt, 22.3.17, S. 48) – wird nur halbherzig eingegriffen. Auch die Politik scheut sich, den Wählern zu erschweren,  den Traum vom Eigenheim zu erfüllen.

Droht eine Immobilienblase, dann darf die Bankenaufsicht (BaFin) einen Mindest-Prozentsatz für das Eigenkapital der Käufer am Immobilienwert festlegen und/oder die Zeit festlegen, nach der der Kredit getilgt sein muss.

Was nicht verlangt werden soll (Handelsblatt-Live, 22.3.17):

  • Ein Höchstwert für das Verhältnis zwischen Kreditsumme und Einkommen des Käufers
  • Eine Obergrenze für die Gesamtverschuldung des Käufers.

Somit können sich Käufer nach wie vor hoch verschulden – sofern die Bank nicht bei der Prüfung des Kreditantrags selbst Grenzen setzt- allerding muss sie dann den Kunden möglicherweise zur Konkurrenz abwandern lassen.

NOTENBANK: Schweiz verschärft Kampf gegen Immobilienblase

Die Schweizer Regierung verstärkt den Kampf gegen eine Überhitzung des Immobilienmarktes. Schweizer Banken müssen für Wohnbauhypotheken vom 30. Juni an zusätzlich zwei Prozent statt wie bisher ein Prozent Eigenkapital zurücklegen, teilte das Finanzministerium mit. Die Regierung führt den Kapitalaufschlag auf Antrag der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ein, die sich wegen der Überhitzungserscheinungen im Wohnbau Sorgen um die Stabilität von Banken“  Quelle: Handelsblatt, 24.1.2014

IMF verweist auf Möglichkeiten, den Anstieg der Hauspreise zu dämpfen

  1. limits on loan-to-value ratio: Cap the size of a mortgage
    loan relative to the value of the property associated with the
    loan, in essence imposing a minimum down payment.
  2. limits on debt-service-to-income ratios: Restrict the size of a debt service payment to a fixed share of household income, containing unaffordable increases in household debt.
  3. sectoral capital requirements: Force lenders to hold extra capital against loans to a specific sector, such as real estate, discouraging heavy exposures to the sector (d.h. gegen das „Klumpen-Risiko“).

Quellen: World Economic Outlook 2014 (Box 1.1, S. 35); ausführlicher dazu in: Key Aspects of Macroprudential Policy, IMF Policy Paper, 2013

Hauspreise steigen vor allem in Ballungsgebieten – unterschiedliche Instrumente nötig

Die Maßnahmen zur Begrenzung der Immobilienspekulation können nicht innerhalb eines Landes einheitlich sein, da die Preise je nach Region unterschiedlich stark steigen (Bruegel Policy Contribution Issue n˚26, oct. 2017 „Spotting excessive regional house price growth and what to do about it“, Grégory Claeys, Konstantinos Efstathiou and Dirk Schoenmaker [download]).

Irland plant Begrenzung des Hypothekenrisikos in den Banken (Nov. 2014)

Die Irische Zentralbank plante im Herbst 2014, mit Kreditauflagen eine neue Immobilienblase zu verhindern (Handelsblatt, 17.11.14).

Geplante Auflagen bei der Vergabe von Hypothekenkrediten:

  • Banken dürfen von ihrem gesamten Kreditvolumen nur 15% für Hypotheken halten, die zu weniger als 20% mit Eigenkapital des Hauskäufers finanziert sind
  • Kredite an Haushalte, bei denen das Darlehen höher ausfällt als das 3,5-Fache des Einkommens, sollen auf 20% des gesamten Kreditvolumens einer Bank begrenzt werden.

Erwartungsgemäß protestieren die Banken gegen diese Einschränkung; der Kampf der Lobbyisten wird über die endgültig verabschiedete Regulierung entscheiden.

Neues Konzept für die Beziehungen zwischen Hauskäufern und Banken

Mian und Sufi („House of debt“) haben einen interessanten Vorschlag für eine gesamtwirtschaftlich stabilere Finanzierung von Immobilien gemacht. Dabei sollen sich beide Seiten Risiko und Ertrag teilen.

Früherkennung

Bevor eine Blase bekämpft werden kann, muss ihre Existenz nachgewiesen sein. Dazu sind zumindest Daten zur Preisentwicklungen auf den Immobilienmärkten erforderlich:

Zyperns Sparer – nicht die ersten und nicht die einzigen Sparer, die verlieren

Die Angst der Sparer vor dem Verlust der Einlagen kann blitzschnell jede Bank zu Fall bringen: Durch einen Bank Run. Jeder Sparer will bei schlechten Nachrichten seine Einlage sofort abziehen – das Geschäftsmodell einer Bank lässt dafür keine Vorsorge zu. Die Einlagensicherung – bis zu 100.000€ – soll die Sparer beruhigen und den Bank Run verhindern.

Die zypriotischen Banken haben uns wieder eine einfache Tatsache vor Augen geführt: Banken arbeiten nicht nur mit Eigenkapital sondern auch mit Krediten „kleiner“ und „großer“ Anleger, die sie weiterverleihen. Jede Bank kann in die Lage kommen, dass das verliehene Kapital nicht zurückkommt. Wer trägt dann den Verlust? Dafür gibt es im Prinzip eine Kaskade:

  1. Die Eigentümer der Bank (Aktionäre) verlieren ihr Kapital – dieses Polster sollte groß genug sein, um die erwartbaren Kreditausfälle abzudecken.
  2. Wenn das Eigenkapital nicht reicht, müssen die nicht geschützten Kreditgeber zu „Mit-Unternehmern“ der Bank werden: Ihre Einlage wird in haftendes Eigenkapital umgewandelt – und sofort verbraucht oder dem künftigen Geschäftsverlauf der Bank überlassen („Bail In“). In der Regel sind hier die institutionellen Anleger, die Bankanleihen gekauft haben, betroffen.
  3. Sollten Aktionäre und Großanleger nicht genug Volumen zur Deckung der Ausfälle aufbringen, so trifft es auch die „kleinen“ Sparer – sie sollen durch den Einlagensicherungsfond entschädigt werden.
  4. Wenn dieser Fond nicht ausreicht, wird der Steuerzahler heute oder morgen (Staatsschulden) herangezogen („Fiscal Backstop“). Aber auch der Steuerzahler kann überfordert wrden, so dass am Ende der Staatsbankrott steht.

Die Situation der zypriotischen Banken war insofern besonders, als es dort nur wenige Anleger mit Bankanleihen gab – die anderen Sparer wurden also herangezogen. Vernünftigerweise wurden in der zweiten Version der „Rettung“ die rechtlich gesicherten Einlagen unter 100.000€ verschont.

Einschub „Welchen Sinn macht die Schutzgrenze von 100.000€?

Wer mehr als den magischen Betrag in bar auf dem Konto hat, ist nicht zwingend ein Krösus, der aufgefordert werden darf, sich an der Rettung der Bank zu beteiligen. Auch kleine und mittlere Unternehmen erreichen diese Grenze schnell, um die Zahlungen aus dem normalen Geschäftsverkehr sicherzustellen (Löhne, Lieferanten, …). Bezieht man diese Barmittel in das „bail in“ ein, so werden auch gesunde Unternehmen der Realwirtschaft geschädigt. Ebenso können z.B. Versicherungen oder Pensionsfonds im Rahmen ihrer Zahlungsverpflichtungen erhebliche Barmittel benötigen – auch diese sind nicht Teil eines spekulativen Finanzgeschäfts, sondern Gelder der Sparer und Versicherten.

Auf diesen Zusammenhang weist DeGrauwe (2013) hin, der außerdem betont, dass untergehende Banken auch andere, gesunde Banken mit in die Insolvenz reißen und so den Schaden für die Realwirtschaft vergrößern können (DeGrauwe, P. (2013), The new bail-in doctrine: A recipe for banking crises and depression in the eurozone, CEPS Commentaries).

Weniger Glück hatten die kleinen Sparer in Spanien: Sie wurden in dem Glauben gelassen, dass Vorzugsaktien der Sparkassen (Cajas) sicher seien: Jetzt müssen sie einen „Hair Cut“ von über 60% hinnehmen (Spanish banks-Up in smoke. The bill comes in for investors in bankrupt cajas, Economist Mar 30th 2013). Darunter sind viele kleine Anleger, die offenbar falsch beraten wurden – ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Auch diejenigen, die Vorzugsaktien beim Börsengang von Bankia (2011) gekauft hatten, mussten akzeptieren, dass diese mit Wertverlusten in die Haftung genommen wurden (Economist, Jan 25th 2014 „Bankia: From a low base“).

Auch wenn der neue Chef der Euro-Gruppe die Wahrheit unter dem Druck der politischen Klassen wieder zurückgenommen hat: Das Bail In der Sparer wird die Regel bei der Sanierung von Banken werden müssen, da weder der Einlagensicherungsfond noch die Steuerzahler die volle Last schultern können („Banken sollen sich selbst retten“ Euro-Gruppen-Chef sorgt mit Interview für Eklat, Handelsblatt.com 25.03.2013, 19:50 Uhr, Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem hat die Märkte mit einem Interview in Unruhe versetzt. Zypern sei ein Modell für den Umgang mit Krisenbanken, ließ er verlauten. Wenig später ruderten die Euro-Länder zurück.).

Die Haftung der Bankgläubiger wird auch in einem Papier der Europäischen Kommission (Brüssel, den 30.11.2012, COM(2012) 777 final/2, S. 22) klar ausgesprochen:

„In den Fällen, in denen der einheitliche Abwicklungsmechanismus in Anspruch genommen werden muss, sollten – im Einklang mit dem Kommissionsvorschlag über Bankensanierung und -abwicklung – Aktionäre und Gläubiger die für die Abwicklung anfallenden Kosten übernehmen, bevor externe Mittel dafür bereitgestellt werden.“

Auch der deutsche Finanzminister Schäuble soll das Vorgehen in Zypern als Modell bezeichnet haben (Handelsblatt First 20.4.13)

„BANKENRETTUNG: Schäuble sieht in Zypern doch eine Blaupause

Wolfgang Schäuble will entgegen vorheriger Aussagen sehr wohl Vermögende an Bankenrettungen beteiligen – damit nimmt er Eurogruppen-Chef Dijsselbloem in Schutz. Die Allgemeinheit könne nicht alle Verluste tragen.

Von dpa, Reuters

Berlin. Eurogruppen-Chef Jeroeme Dijsselbloem musste am Ende zurückrudern. Ein dummer Fehler war ihm im Interview unterlaufen. Die Rettung in Zypern hatte er als „Blaupause“ für weitere Krisen bezeichnet – und heftige Kritik einstecken müssen. Sollen Vermögende an der Rettung von Banken beteiligt werden? Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nimmt Dijsselbloem nun, wenige Wochen nach der Zypern-Rettung, in Schutz: „Herr Dijsselbloem ist in der Substanz zu Unrecht gescholten worden. Und auch nicht von mir“, unterstrich Schäuble.
Während der Finanzminister bis zuletzt in Interviews die Rettung des Mittelmeerstaats als „speziellen Einzelfall“ bezeichnet hatte, erklärt er nun: „Die Beteiligung von Eigentümern, nachrangigen Anleihegläubigern und dann ungesicherten Anlegern muss der Normalfall sein, wenn ein Finanzinstitut in eine Schieflage gerät.“ In einem Gespräch mit der „WirtschaftsWoche“ bekräftigte er, dass auch in Zukunft vermögende Kunden ihren Beitrag leisten müssen.
„Ansonsten bekommen wir das Moral-Hazard-Problem nicht in den Griff, dass Banken mit riskanten Geschäften fette Gewinne machen, aber im Fall eines Scheiterns dann die Verluste der Allgemeinheit aufbürden“, ergänzte Schäuble. „Das darf nicht sein.“

Auch der ECON-Ausschuss des Europäischen Parlaments hat im Mai 2013 ein „bail-in“ in der Reihenfolge 1. Aktionäre  2. Große Gläubiger 3. als Auffangposition der Steuerzahler gefordert:

„Taxpayers and savers must be the last people called upon to bail out banks, says Parliament’s negotiating position, approved by the Economic and Monetary Affairs Committee on Monday, on draft rules on saving struggling banks. The text rules out using deposits below €100,000 and says that even deposits above €100,000 should be the last to be called in. The committee voted against using deposit guarantee funds for resolution actions and also set out strict conditions for using taxpayer’s money.“ (Taxpayers and savers last in line to save banks, ECON Economic and monetary affairs − 21-05-2013 – 13:02).

Es bleibt abzuwarten, welches Ergebnis in den Verhandlungen zwischen Parlament und Rat – auch unter dem Einfluss der mächtigen Lobby der Finanzindustrie – letztlich zustande kommt.

Auch die Bank for International Settlement (BIS) legte einen Vorschalg vor, mit dem die Aktionäre stärker in die Haftung genommen werden sollen, wenn die Bank in Schwierigkeiten gerät und aufgelöst werden muss (Melaschenko, P., Reynolds, N. (2013): A template for recapitalising too-big-to-fail banks, in: BIS Quarterly Review, June, 25-39).

 

Zyperns Banken

Zypern, Banken, reiche Russen

Warum haben Zyperns Banken Probleme und welche Rolle spielen die “reichen Russen”?

Es wäre doch besser, die Banken direkt zu retten, ohne die Staatsschulden dadurch explodieren zu lassen – oder?

Gibt es eigentlich noch mehr EU-Mitgliedsstaaten mit einem ähnlichen Finanzsektor?

Warum haben Zyperns Banken Probleme?

Die Banken Zyperns waren und sind eng mit dem Finanzsystem Griechenlands verbunden – bei dem “hair cut”, der mit den privaten Investoren in Griechenland “vereinbart“ wurde, verloren sie viel Kapital. Die Eigentümer der Bank sind damit ihr Eigentum los – wenn das nicht reicht um die Verluste zu decken, müssen diejenigen verzichten, die der Bank einen (großen) Kredit gegeben haben: Die Käufer von Bank-Anleihen. Davon gibt es aber nur wenige in zypriotischen Banken. Die Einleger (=Sparer) haben der Bank einen Kredit gegeben – und diesen kann die Bank nicht (vollständig) zurückzahlen  … nur die “kleinen Sparer” (bis 100.000.-€) bleiben ungeschoren.

Dass große Beträge aus Rußland oder Großbritannien in diesen Banken deponiert wurden, ist für die Probleme nicht von Bedeutung und keineswegs ursächlich. „Die reichen Russen mit ihrem Schwarzgeld“ wurden in den Medien als Projektionsfläche für die Ablehnung der Rettung von Banken benutzt.

Im Jahr 2018 geriet mit „Cyprus Coop“ erneut eine der großen Banken Zyperns in existentielle Probleme. 60% der Kredite waren notleidend, d.h. wurden von den Kreditnehmern nicht mehr bedient (Zins und Tilgung). Darunter waren auch Käufer von Immobilien, die darauf vertrauten, dass sie vom Gesetz gegen eine Vertreibung geschützt waren – deshalb zahlten sie nicht mehr an die Bank, auch wenn sie die Mittel dafür gehabt hätten. Als die Probleme bekannt wurden zogen viele Kunden ihre Einlagen aus der Bank ab, da sie (zu Recht) befürchteten, bei einer Bank-Pleite ihre Konten zu verlieren („Zweitgrößte Bank Zyperns sucht verzweifelt einen Retter“, Handelsblatt 28.4.2018).

Ein bekanntes Problem – Zypern in zahlreicher Gesellschaft

Die Republik Zypern (der nicht zur Zeit türkisch besetzte Teil) erzielte bisher einen erheblichen Teil ihrer Wertschöpfung durch Finanzdienstleistungen – so wie andere Länder auch (z.B. Großbritannien, Malta und Luxemburg – heftig bestritten von Vertretern dieser Länder („Deutsche Bank: Luxembourg and Malta should learn from Cyprus“ EUObserver 27.03.13 @ 19:06). Die siamesischen Zwillinge Staat und Banken sind dadurch besonders verbundbar: Wenn die Banken in Probleme geraten und finanzielle Hilfen brauchen, ist der Staat zu klein, um eine Rettung stemmen zu können (“Maus versucht Elefanten aus dem Teich zu ziehen”). Wenn der Staat nicht aus eigenen Mitteln, sondern aus ausländischer oder internationaler Krediten die Banken unterstützt, verschuldet er sich dafür über eine tragfähige Grenze hinaus. Darüber hinaus ist die ausländische Hilfe an Bedingungen gebunden – die Staatsausgaben müssen gekürzt werden, was dem Wachstum schadet und die Wähler verärgert. Diese Situation ist neben Zypern auch in Island, Irland, Griechenland oder Spanien gegeben.

Re-Kapitalisierung der Banken ohne “Umweg” über den Staat?

Warum nicht die Banklen direkt, d.h. ohne Umweg über den Staatshaushalt, mit frischem Kapital versorgen? Die Staatsverschuldung stiegen dann nicht an und die Auflagen der Kapitalgeber könnten sich auf die Banken beschränken. Allerdings würde dadurch ein System mit falschen Anreizen installiert: Ein Land könnte einen (über-) großen Bankensektor entstehen lassen oder dulden. Die attraktiven Arbeitsplätze und reichlichen Steuereinnahmen kämen dem Land zugute, während die Probleme auf Externe – z.B. den IMF oder den “Rettungsschirm” ESM abgewälzt werden könnten; eine typische “unmoralische Herausforderung” (moral hazard). Nur wenn die Banken eines Landes durch eine internationale Instanz, die den Akteuren dieses Landes gegenüber nicht verpflichtet ist, beaufsichtigt und gegebenenfalls auch abgewickelt und geschlossen werden könnten, wäre Nutzen und Verantwortung beim Bankgeschäft wieder in einer Hand. Eine solche “Banken-Union” mit einer EU-weiten Abwicklungsbehörde ist allerdings erst im Aufbau. Bis sie funktioniert, ist der für Zypern gewählte Weg im Grundsatz richtig.

Allerdings ist die „Rettung“ nicht nachhaltig, da der Kapitalbedarf der Banken größer ist, als in den Vereinbarungen geschätzt wurde. Der Präsident Zyperns hat in einem Brief an die Troika im Juni 2013 darauf higewiesen und weitere Hilfen erbeten („Open Europe blog: Full letter from the Cypriot President to the Troika slamming Cypriot bailout“, June 18th 2013)

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